Die Wahnsinnigen & das Schöne

 

Meer trifft LandMensch trifft Strand

Selber aus Naturschutzkreisen stammend, erinnere ich mich gut an mein erstes Zusammentreffen mit dem Geo-Fotografen Heinz Teufel am Strand vor Westerland. Sein im Gespräch geäusserter – unserer Arbeit gegenüber sehr skeptischer - Ausspruch: »Die Wahnsinnigen zerstören die Welt – und wir machen schöne Fotos!« hat mich seit dieser Begegnung Ende der 1980er Jahre bei vielen Fotostreifzügen begleitet. In meinen Ausstellungen sprachen mich über die Jahre viele Besucher an, die – begeistert von meinen Kalendern und Büchern – schließlich in Westerland eintrafen – und vom Schlag getroffen wurden angesichts der »urbanen Realität«, die in meinen Veröffentlichungen niemals auftauchte.

Spuren von Flüchtigen
Auf meiner jahrzehntelangen Suche nach der Erhabenheit der Landschaft erlebte ich die krassesten Begebenheiten: Vom frühmorgendlichen Partytreiben mitten in geschützter Dünenlandschaft über ein Offroad-Fahrzeug auf dem Gipfel einer Düne bis zu den »urbansten« Lärmemissionen bei der Erstellung einiger meiner bekanntesten Motive.

3 mal Licht

Immer habe ich – auch zu meinem eigenen Schutz – betont, die Insel Sylt sei nicht mein Thema (sondern lediglich meine Arbeitsplattform für mein »Grenzen der Landschaft«-Projekt). Und ich sei kein Dokumentarfotograf. Über die Jahrzehnte aber wurde mein Arbeitsbereich, die offene und möglichst unverbaute Natur, immer enger. Die Urbanisierungsprozesse gipfelten in dem Windräder-Boom auf dem nahen Festland, gefolgt von dem projektierten Windpark Butendiek vor der Westküste Sylts. Mir wurde immer deutlicher, dass ich diese Entwicklungen nicht länger negieren konnte. Die Zweifel am eigenen Tun nahmen stetig zu – ebenso das schlechte Gewissen der Insel gegenüber. Ist es verantwortlich, immer nur die nahezu unberührte Seite der Insel zu zeigen?

Zwei menschliche Begegnungen trugen ganz wesentlich zu meinem Bewusstseinswandel bei: Oliver Pohl, just von Berlin auf die Insel gezogen, offenbarte mir die Freuden des »Im Stau Stehens« und den Charme von Westerlands »Neuer Mitte«. Und Hille von Seggern (die sich seit Jahrzehnten in Forschung und Lehre mit Urbanen Landschaften beschäftigt) indoktrinierte mich über ein Jahr lang mit dem Thema – ja, sie entwarf, gemeinsam mit Timm Ohrt, auf diversen Inselspaziergängen ein Konzept und begleitete auch meine ersten fotografischen Versuche in dieser Richtung. Immer stand dabei die Frage im Raum: Müssen urbane Landschaften zwangsläufig hässlich und ablehnenenswert sein? Haben sie nicht auch etwas Liebenswertes, Spannendes und Lustiges?

PS

Im Herbst 2012 begann ich mit meinen urbanen Spaziergängen. Mit welchen Ideen und welcher Ausrüstung? das steht auf der nächsten Seite.